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Einführung

Vorbemerkung:

In diesem Abschnitt wird zunächst der Vortrag von Herrn OStR Stahl in Kurzform wiedergegeben. Die Darstellung soll bewusst keine wissenschaftliche Abhandlung der Thematik sein. In dem Vortrag ging es um eine Einführung für die Schülerinnen und Schüler, in der biologisches und physikalisches Vorwissen miteinander verknüpft wurden. Themenbereiche, in denen die Schülerinnen und Schüler der zehnten Jahrgangsstufe ein besonders großes biologisches Vorwissen besitzen, wurden daher kurz besprochen.

Strahlenwirkung auf den menschlichen Körper

Inhalte des Vortrags

  1. Einleitung/Fragen
  2. Beispiele für Schäden
  3. Aufbau einer Zelle
  4. Erbträger DNA
  5. Zellteilungen
  6. Mutationstypen
  7. Die Strahlenbiologische Reaktionskette
  8. Somatische Schäden und Keimzellenmutationen
  9. Faktorenabhängigkeit der Strahlenwirkung

Allgemein: Radioaktive Isotope

  • = Radionuklide
  • sind instabil und geben aus dem Atomkern spontan Energie ab in Form von
    1. alpha-Strahlen (4He-Kerne)
    2. Beta-Strahlen (Elektonen e- oder Positronen e+)
    3. Gamma-Strahlen (Photonen)
  • Ein derartiger radioaktiver Zerfall verwandelt das Originalatom in ein anderes Atom, gewöhnlich das eines anderen Elements (14C verliert ein e- und wird zu 14N)
  • Nutzung in der Wissenschaft:
    1. Einbau von Radionukletiden in Moleküle. Abgegebene Strahlung hilft, um die Moleküle zu lokaliseren oder deren Veränderung zu bestimmen, die diese im Stoffwechsel durchlaufen.
    2. Datierung von Fossilien
    3. Krebszellen werden in der Medizin mit 60Co bestrahlt und damit geschädigt bzw. abgetötet
  • Z.B. 3H, 14C

0. Einleitung: Die Wirkung radioaktiver Strahlen auf den Menschen

  • Seit Beginn der Welt hat sich alles Leben unter dem Einfluss von ionisierenden Strahlen entwickelt (vielleicht in gewissem Maß die Entwicklung positiv beeinflusst?!)
  • Menschen sind täglich ionisierender Strahlung ausgesetzt. Dazu gehören nicht nur strahlende Stoffe im Tabakrauch, durch Betonbauten, beim Fliegen, sondern auch natürliche Radioaktivität in der Nahrung (z.B. das lebensnotwendige Kalium kommt zu einem kleinen Prozentsatz als Kaliumisotop vor, wird mit der Nahrung aufgenommen und erfüllt wie das "normale" Kalium lebensnotwendige Aufgaben in unserem Körper!
  • Grundsätzlich geht man aber von einer schädlichen Wirkung dieser ionisierenden Strahlen auf Moleküle und Zellen aus.

1. Genetische Schäden und Fehlbildungen nach Tschernobyl

Horrorszenario im wahrsten Sinne des Wortes: Es traten in den benachbarten Ländern (auch D) eine erhöhte Zahl von ... auf.

  • Azentrische Chromosomenanomalien
  • Frühgeburten, Todgeburten und Fehlbildungen (Fehlen des Gehirns, Offener Rücken, Gaumenspalten, Polydaktylie)
  • Trisomie 21
  • Leukämie

chronische myelogene Leukämie (CML):

  • Krebsart, welche die Stammzellen der weißen Blutzellen befällt (ein Leukämieerkrankter besitzt eine abnorme hohe Leukozytenzahl (unkontrollierte Proliferation); die normale Bildung von Blutzellen im Knochenmark wird blockiert
  • Verursacht durch eine reziproke Translokation: Ein Teil des Chromosoms 22 hat seinen Ort mit einem kleinen Chromosomenfragment am Ende des Chromosoms 9 gewechselt. Das anomale Gen, das durch diese Fusion entstanden ist, codiert ein Enzym, das die Leukämie auslöst.

2. Aufbau einer Zelle

  • funktionelle Einheit aller Lebewesen
  • hier laufen vielfältige lebensnotwendige Vorgänge ab
  • Zellkern enthält die Chromosomen als Träger der Gene

3. Erbträger DNA

  • DNA (Strickleiter) aus 3 Grundbausteinen: Zucker (Desoxyribose, 4 untersch. Basen (Adenin, Thymin, Cytosin, Guanin) Phosphorsäure)
  • Die Information wird durch die Aufeinanderfolge der Basenpaare festgelegt Beispiel "Insulin"
  • Gesunde Zellen sind in der Lage im richtigen Moment den richtigen Abschnitt der DNA zu lesen und dadurch die erforderlichen biochemischen Reaktionen auszulösen

4. Zellteilungen

  • Keimbahntheorie erklären
  • Vermehrung von Körperzellen
  • Entstehung von Keimzellen
  • Somatische Mutationen (Soma = Körper)
  • Keimzellenmutationen

5. Mutationstypen

  • Punktmutation: Veränderung eines Basenpaares -> Einbau einer anderen Aminosäure -> u.U. veränderte Eigenschaften des entstandenen Enzyms
  • Chromosomenmutationen: z.B: Translokation
  • Genommutation: z.B: Trisomie 21

6. Strahlenbiologische Reaktionskette

  • Treten ionisierende Strahlen auf einen Organismus, treten in den einzelnen Zellen physikalische und u.U. in der Folge chemische und biologische Effekte auf.
  • Strahlungsteilchen können chemische Bindungen (Bindungselektronen verschieben oder entfernen) verändern, die dann anders reagieren als die Ursprungsmoleküle (z.B. Wasserstoffperoxid [H2O2] aus Wasser verändert als Zellgift die Membran)
  • Veränderte Moleküle können repariert werden oder über den Stoffwechsel entfernt werden: Z.B: Reparaturmechanismus der DNA
  • Die phys. Primäreffekte und die daraus folgenden chemischen Sekundäreffekte können zu einem veränderten biologischen Verhalten der Zelle führen. Dieser Schaden muss nach außen nicht unbedingt erkennbar sein!
  • Ein funktionierendes Immunsystem kann solche Zellen eliminieren
  • Bei Versagen oder Überforderung kommt es zu einem Strahlenschaden!
  • Zellkern besonders empfindlich für ionisierende Strahle
  • Einen biologischen Bestrahlungseffekt stellt man deshalb auch dort bevorzugt an Zellen fest, die sich zum Zeitpunkt der Bestrahlung zu teilen beginnen oder sich in der Teilung befinden (hohe Teilungsrate: beim Embryo, Erythrozyten, Schleimhautzellen im Magen-Darm-Trakt).
  • Schauml;digung durch 2 verschiedene Arten von ionisierender Strahlung
    1. den Körper von außen bestrahlen, die externe Strahlenexposition
    2. Inkorporation: radioaktive Teilchen können ins Innere gelangen und den Körper von innen her bestrahlen
  • Energiedosis einer ionisierenden Strahlung gibt die pro Masse eines durchstrahlten Stoffes absorbierte Energie an. Keine Aussage über die biol. Strahlenwirkung!
  • Das Maß für die biologische Wirkung ionisierender Strahlung auf de Menschen ist die Organdosis (Einheit: 1Sievert, 1Sv). Sie ist definiert als das Produkt aus der Energiedosis (Einheit: 1Gray, 1Gy) und dem Strahlungswichtungsfaktor, welcher die biologische Wirksamkeit der unterschiedlichen Strahlungsarten beschreibt.

7. Somatische und genetische Schäden

  1. Genetische Schäden (Schäden im Erbgut, treten bei den Nachkommen, auch spätere Generationen, auf)
    • Veränderungen an den Chromosomen der Keimzellen
    • Keine Folgen, wenn Reparaturmechnismus oder Immunsystem greift genetische Schäden durch natürliche Strahlung vernachlässigbar
  2. Somatische Schäden (= Körperschäden, nur beim bestrahlten Individuum)
    • Frühschäden:
      1. wenn Körper von einer Mindestmenge an Strahlung getroffen wird (ca. 250 mSv)
      2. machen sich bemerkbar, wenn ein Mindestmaß an Zellen beschädigt wird
      3. erkennbar am Blutbild
      4. je größer die Strahlungsmenge, desto größer sind die Schäden (vom Strahlenkater wie Schleimhautentzündung, Übelkeit, Kopfschmerzen, ... bis hin zum Tod bei mehr als 7000 mSv)
    • Spätschäden:
      1. Treten erst Jahre später auf, auch wenn Körperzellen direkt geschädigt wurden
      2. Nicht bösartige Schäden: eine Mindestmenge an Strahlung muss auf den Körper wirken (Schwellendosis), damit Schäden entstehen, die aber keine Metastasen bilden (wiederholte Einzeldosen unterhalb der Schwellendosis kann aber zu Spätfolgen führen)
      3. Bösartige Spätschäden (z.B. Leukämie oder Krebs):
        1. (fast) keine Schwellendosis
        2. wenige Strahlungsteilchen können z.B. Krebs auslösen, wenn Zellen bereits vorgeschädigt sind oder Reparaturmechanismus und das Immunsystem des Körpers geschwächt sind
        3. mit steigender Strahlungsmenge nimmt nicht die Schwere, sondern die Wahrscheinlichkeit für eine Krankheit zu

8. Faktorenabhängigkeit der Strahlenwirkung (gilt v.a. für som . Schäden)

  1. Strahlenart: Bei gleicher Energiedosis rufen Alpha-Strahlen eine größere biologische Wirkung hervor als Betastrahlen (20mal größere Schäden)
  2. Dosis: generell gilt, Strahlenwirkungen nehmen mit zunehmender Dosis zu
  3. Zeitliche Dosisverteilung: Wirkung einer Dosis umso geringer, desto größer der zeitliche Abstand zwischen den Einzeldosen ist (Reparaturmechanismus / Immunsystem kann wirken)
  4. Räumliche Dosisverteilung: Beispiel Krebsbestrahlung
  5. Relative Strahlenempfindlichkeit: Besonders gefährdet sind Organe mit hoher Zellteilungsrate. Strahlen wirken im Moment der Zellteilung ein und blockieren die Teilungsvorgänge (besonders gefährdet, Embryo im Mutterleib)
  6. Milieufaktoren: Art der Ernährung, Genussmittel, Medikamente können die Sensibilität der Organe erhöhen.

K. Stahl

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